Der verwaiste Thron 01 - Sturm by Kern Claudia

Der verwaiste Thron 01 - Sturm by Kern Claudia

Autor:Kern, Claudia [Claudia, Kern]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-13T16:00:00+00:00


Kapitel 13

Überall in Westfall stößt man auf Relikte und Ruinen der Vergangenen. Es ist daher kein Wunder, dass der Glaube an die, die uns ihren Platz in der Welt vermachten, hier besonders stark verbreitet ist. Ebenso wenig sollte es den Reisenden überraschen, dass man vielerorts auf ihn herabsehen wird, sonnt sich doch selbst der ärmste Tagelöhner in uraltem Ruhm.

Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1

Bei Sonnenaufgang standen die Soldaten zum Abmarsch bereit. Die Offiziere saßen auf schwarz-blau bemalten Pferden, die schwarz-blaue Decken trugen. Ihre Mähnen und der Schweif waren zu Zöpfen geflochten, ihre Hufe glänzten. Die Köpfe der Generäle waren mit der gleichen schwarz-blauen Farbe bemalt, die rechte Seite blau, die linke schwarz. Sie alle hatten sich die Köpfe geschoren, ebenso wie die anderen Offiziere, die Sklaven und die Soldaten, die noch in ihren Kasernen warteten. Oso hatte erklärt, dies sei Brauch in Westfall.

Craymorus rückte seine Krücken zurecht. Er stand zwischen Beamten und ihren Dienern. Die Beamten hockten auf Teppichen, die Sklaven knieten auf den Steinen. Mit der Stirn berührten sie den Boden, die Arme waren ausgestreckt. Ihre Bäuche flossen wie Wachs über ihre Beine. Sie beteten. Craymorus stand als Einziger. Er hatte den Eindruck, dass ihn alle beobachteten.

Priester gingen durch die Reihen der Offiziere. Sie vertraten alle Religionen, die in Westfall ansässig waren. Fürst Balderick hatte ihnen befohlen, ihre Riten gleichzeitig durchzuführen, um Zeit zu sparen. Das Resultat war ein Gewirr von Gesängen und Segnungen. Mit Dreck beschmierte Priester, die in Felle gehüllt waren, strichen mit Tierknochen über die Gesichter der Soldaten, während Mönche der Vergangenen ihnen Flaa-Wurzeln in die Münder steckten und Seherinnen ihre Hände in Blut tauchten. Pferde tänzelten nervös. Ein kleines Mädchen in den grünen Roben einer Fruchtbarkeitsgöttin küsste ihre Nüstern.

»Ich muss mit dir reden«, sagte eine Stimme plötzlich.

Craymorus drehte den Kopf. Im Lärm der Gebete hatte er nicht bemerkt, dass jemand neben ihn getreten war. Es war Rickard. Seine Gesichtszüge waren unter der blau-schwarzen Farbe kaum zu erkennen. Er trug eine Rüstung aus schwarzem Leder und Stiefel, deren Sporen klirrten.

»Worum geht es?«, fragte Craymorus.

»Komm mit.« Rickard führte ihn an den Soldaten vorbei neben die Stallungen. Craymorus spürte die Blicke der Beamten in seinem Rücken.

»Es tut mir leid, dass mein Vater so reagiert hat«, fuhr Rickard fort. »Ich wollte gestern noch mit dir darüber reden, aber ich hatte zu viel zu tun.«

Er strich sich mit der Hand über den kahl geschorenen Kopf und stutzte kurz, als sei ihm das Gefühl noch nicht vertraut.

»Ich verstehe«, sagte Craymorus. Er war sich sicher, dass Rickard früher zu ihm gekommen wäre, wenn er es tatsächlich gewollt hätte. »Ich werde die Gastfreundschaft deines Hauses nur so lange beanspruchen, bis ich auf die Inseln zurückkehren kann.«

Rickard schüttelte den Kopf. »Nein, tu das nicht. Dieser Krieg braucht deine Unterstützung, auch wenn mein Vater das nicht erkennt.« Er zog eine Pergamentrolle aus der Innentasche seiner Rüstung. »Und ich brauche dich für etwas anderes.«

Craymorus nahm das Pergament und rollte es auseinander. Es war eine Vollmacht über Rickards Vermögen. Das fürstliche Siegel und die kindliche Unterschrift daneben waren frisch.



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